Die Welt des Mittelalters, farbenfroh, lustvoll und voller Intrigen und Brutalität ist die Bühne, auf der Romancier Tilman Röhrig sein jüngstes Kind spielen lässt.
Am Dienstagabend entführte er das Emmendinger Publikum in die Welt des Mittelalters, zur Zeit der Hochrenaissance.
Die rund 90 Minuten seiner Lesung füllt der Autor mit einer außergewöhnlichen dichten Atmosphäre, so dass durchaus nicht der Eindruck des Bruchstückhaften entsteht. Fast so, als bediene er sich am Titel des Romans „Wir sind das Salz von Florenz“, ist die Lesung zwar dezent, aber gut gewürzt.
Nicht zuletzt deshalb, weil Röhrig nicht bloß liest, sondern seine Lesung regelrecht inszeniert. Ausladende Bewegungen begleiten seine Reise durch den Text, Inhalte werden vom Lesenden in Gestik und Mimik umgesetzt. Wenn die Domglocke schlägt, wendet Röhrig seine Augen nach oben, wenn Soldaten Gassen sperren schwenkt er die Unterarme, die Hände mit gespreizten Fingern, wie Schranken vor der Brust. Manchmal, nur flüchtig, wenden sich die Blicke des Autors den Textseiten zu, fließend sind die Übergänge zwischen Erläuterung und Buchtext.
Tilman Röhrig liest nicht, er rezitiert als ehemaliger Schauspieler durchaus gekonnt und mit viel Geschick. So gelingt es ihm, von Beginn an Spannung aufzubauen und diese bis zum Ende ständig am Köcheln zu halten. Leidenschaft, Leid, Schmerz und Glück werden regelrecht greifbar. Röhrig ist im Umgang mit Publikum versiert. Und serviert am Ende, so fast nebenbei auch noch einen Satz mit Gegenwartsbezug. „Der erste radikale Gottesstaat war das Werk eins Christen“, urteilt er über Girolamo Savonarola.
Markus Zimmermann-Dürkop