Riemenschneider (Piper Verlag)

.....Nein, für dieses Buch wird ein einziger Abend niemals reichen. „Bald drei Jahre lang“, so erzählte der Autor Tilman Röhrig am Freitagabend im Hösbacher Bibliothekszentrum, habe er an den 620 Seiten seines Romans „Riemenschneider“ gearbeitet. Tilman Röhrig liest mit Intensität und dem Verständnis, das nur ein Autor haben kann: einer, der die ganze Geschichte, jeden Abgrund, jede Nuance kennt – weil er sie erschaffen hat. Er staffiert seine Stimme mit Eigenschaften aus, die er seinen Figuren auf den Leib geschrieben hat und kann nicht verbergen, dass er vor seiner Karriere als Schriftsteller auch Schauspieler war. Wenn Röhrig liest, erzählt seine rechte Hand stets mit. So schafft der 62-Jährige schnell, was hier ausnahmsweise eine treffende Umschreibung ist: Er bindet die rund 50 Zuhörer mit bloßen Worten an sich.
Viel zu schnell und unmerklich verflogen ist bald der Besuch in dieser seltsam anziehenden und allzu lebendigen Welt. Doch er bleibt nicht ohne Spuren. Röhrig hat mit seinen Worten deutlich gemacht, dass hinter jeder verblichen Zahl einer Chronik Menschen stehen. Und dass Geschichte immer auch die Geschichte von Gedanken ist, die zum ersten Mal gedacht werden.....