Gespinst aus Lügen und Intrigen

Auszug aus der Süddeutschen Zeitung
Lügen und Intrigen zwischen Wittelsbachern und Habsburgern hat Tilman Röhrig zum Thema für seinen neuen Roman „Der Sonnenfürst“ gewählt. Die Geschichte beginnt am Rhein. Kurfürst Clemens August steht kurz vor der Einweihung seines Lustschlosses Falkenlust in Brühl, als Johann von Roll, einer seiner treuesten Freunde, einem Duell zum Opfer fällt. Oder war es doch Mord?

Der Kurfürst ist untröstlich. Auf der Suche nach geistlichem Rat, zieht es ihn nach Kloster Kaufbeuren. Von einer Nonne will er sich Rat zum Verbleib der Seele seines Freundes holen. Auf dem Weg dorthin besucht er die Verwandtschaft in Schloss Nymphenburg und gönnt sich Erholung und eine Geburtstagsfeier bei seinem Bruder Karl Albrecht in der Münchner Residenz. Danach begibt er sich zu einem Jagdausflug nach Schloss Starnberg, heute besser bekannt als Finanzamt Starnberg, im Volksmund „die Raubritterburg“ genannt. Doch auch hier sind ihm seine Feinde getarnt als Berater und Untergebene stets ganz nahe.

Trotz allem Elend und Verrat scheint am Ende alles gut zu werden. Oder etwa doch nicht?

Tilman Röhrig entführt seine Leser ins Deutschland des 18. Jahrhunderts. Die Figuren hätte er dabei gegensätzlicher nicht wählen können. Auf der einen Seite den sensiblen und prunksüchtigen Wittelsbacher Clemens August und seinen sexsüchtigen Bruder Karl Albrecht, denen mehr an ihren zweifelhaften Hobbys liegt als am Regieren. Auf der anderen Seite einige Herren von niedrigerem Rang, die ihren Einfluss gelten machen wollen und vor nichts zurückschrecken. Außerdem garniert Röhrig die Geschichte mit einer ganzen Reihe interessanter Frauen, die sich nicht um Konventionen scheren.

Der Einstieg ist schwermütig, danach fesselt die Geschichte. Besonderen Spaß beim Lesen hat, wer sich mit den Schlössern an Rhein und Isar auskennt. Insgesamt ist Tilman Röhrig ein schöner historischer Schmöker gelungen. Besonders für Geschichtsinteressierte und Liebhaber der alten deutschen Royals eine Pflichtlektüre – und für alle, die wissen wollen, wie es in der damaligen Politik zuging, sowieso.